P. Philippe Nzoimbengene
Meine Tätigkeit und mein Priester-sein in Lubumbashi
Liebe Schwestern und liebe Brüder in Balgheim, in Dürbheim und in Spaichingen,
ich freue mich, Ihnen kurz mitteilen zu können, was ich überhaupt erlebe und was ich als Priester tue, um ein bisschen mitzuwirken, bei der Erbauung des Gottesreichs in Lubumbashi (in der demokratischen Republik Kongo) und in unserer verletzten und zerbrochenen Welt.
Ich wurde in Kinshasa am 10. Juli 2005, mit 33 Jahren, zum Priester geweiht und bin somit seit mittlerweile 14 Jahren Priester. Seit ungefähr zwei Jahren bin ich nicht mehr in Kinshasa tätig, aber in Lubumbashi (in der Provinz Haut-Katanga). Seit meiner Weihe arbeite ich in zwei Hauptbereichen: zum einen, die formale (Französischlehrer) und informale Bildung der Jugendlichen; zum anderen, die geistliche Ausbildung der jungen Menschen, die auf dem Weg sind, Priester zu werden. Zusammengefasst: ich mache die Jugendpastorale.
Inzwischen aber, entdecke ich immer tiefer, wie schwierig es ist, wirklich Priester zu sein (mit dem Herzen und mit offenen Augen), in einem Land, in dem nur die Hälfte der Kinder tatsächlich zur Schule geht. Einige und viele von diesen „Glücklichen“ gehen jedoch in die Schule ohne wirklich genug gegessen zu haben. So kommt es oft vor, dass ich gefragt werde, ob ich ihnen etwas zu essen geben kann. Einigen fehlt das Geld, um das Busticket zu bezahlen. Sie müssen also mehrere Kilometer laufen. Einige müssen den Arzt besuchen, da sie sichtbar und ohne Zweifel an Krankheiten leiden, die es ihnen nicht ermöglichen, den Unterricht in der Schule mit Aufmerksamkeit zu verfolgen und die
Hausaufgaben richtig zu machen. Wenn es mir gelingt, Kontakt mit den Familien [nicht selten sind die biologischen Eltern schon gestorben oder schwer erkrankt oder einfach zu weit im Hinterland…] aufzunehmen, bitten mich diese ab und zu um kleine Hilfen und Unterstützung, nicht nur für die Kinder, sondern für die ganze Familie. Manchmal bin ich entsetzt, manchmal fühle ich nur die menschliche Ohnmacht vor der Realität der Mitmenschen.Und wenn ich ein bisschen darüber nachdenke und bete, dann taucht die Grundfrage der Korruption in unserem Land auf. Die Korruption ist in fast allen Ebenen der Gesellschaft präsent, selbst in den Familien ist es kaum möglich an diesem System nicht teilzuhaben. Die politische Lage (ich meine das Benehmen unserer Politiker) ist beschämend. Aber „über die Frage der Politik und der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit dürfen die Priester nur schweigen“. Das meinen die verschiedenen politischen Regime und Machthabenden, die sich gegenseitig an die Macht bringen, (in Wirklichkeit teilen sie sich subtil gegenseitig die Machtrelais zu) und die das kolossale Einkommen von Rohstoffen des Landes unter sich verteilen, ohne sich zu schämen. Daher, haben bei uns die Kinder und die Jugendlichen immer weniger Perspektiven, um ihre Zukunft zu gestalten. Jetzt ist immer noch die wirtschaftliche Lage so unsicher, obwohl wir im Januar diesen Jahres eine angeblich neue Regierung und ein angeblich neues Parlament gewählt haben.Angesichts dieser traurigen Aussicht, ist es auch meine Aufgabe, den jungen Leuten, den jungen Ehepaaren und den Kindern, die ich begleite, zu sagen: „Trotz allen Schwierigkeiten, dürfen wir nie aufgeben, uns für das Land einzusetzen, und für eine bessere Zukunft zu kämpfen und die Träume wahr werden zu lassen.“ Mit einem tiefen Glauben an Gott, müssen wir gewaltlos kämpfen, damit die Hoffnung weitergegeben wird, und damit die Verantwortung der Liebe zueinander immer mit Selbsthingabe getragen wird. Deswegen bemühe ich mich auch, neben meinen Hauptaufgaben, in der Katechese mitzuwirken: Besinnungstage, geistliche Exerzitien und geführte Anbetung zur Reinigung von verletzten Herzen. Ständig sage ich den Jugendlichen: „Keiner darf uns dazu bringen, an Gott zu zweifeln. Er ist mit uns, er leidet mit uns, er rettet uns im Alltag von dem Bösen.“Ich bin davon überzeugt: „Es wird der Tag kommen, an dem die Kinder, die heute im Glauben, in ihrer Vernunft und in einem Job oder Handwerk ausgebildet werden können, besser und ehrlicher um das Wohl aller Menschen bedacht sein werden.“
Mit geteilter Hoffnung und mit großer Dankbarkeit grüßt Sie herzlich.
Philippe Nzoimbengene
Lubumbashi, am 1. August 2019