Spaichingen

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Seliger Pater Rupert Mayer SJ

Am 6. Mai wird in der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul das Silberne Jubiläum der Seligsprechung von Pater Rupert Mayer begangen. Bischof Dr. Gebhard Fürst wird aus diesem Anlass die Gemeinde besuchen. Wer war Pater Rupert Mayer? Warum steht er in Spaichingen bis heute in so hohem Ansehen und trägt eine unserer Schulen seinen Namen?

Rupert Mayer wurde am 23. Januar 1876 als Sohn eines Kaufmanns in Stuttgart geboren. Nach seinem Theologiestudium in München, Fribourg (Schweiz) und in Tübingen empfing er am 2. Mai 1899 in Rottenburg die Priesterweihe. Am 4. Mai feierte der Neupriester in St. Eberhard in Stuttgart seine erste heilige Messe. Der königliche katholische Kirchenrat Dr. Richard Wahl hielt die Primizpredigt. Dr. Wahl sprach an diesem Tag Worte, die geradezu prophetisch zu nennen sind, wenn man sich den späteren Lebensweg von Rupert Mayer vor Augen stellt: „Ich habe nie geschwiegen, wo ich reden sollte und nie geredet, wo ich schweigen sollte. Menschenfurcht war nie von Einfluss auf mein Tun und Lassen. Mein ganzes Streben ging dahin, zu tun, wozu ich von Gott gesandt worden bin.“ Diese Worte, dem Neupriester als Weisung am Tage seiner Primiz im Jahre 1899 mit auf den Weg gegeben, wurden vierzig Jahre später zur traurigen Wirklichkeit, als sich Pater Rupert Mayer in München in aller Offenheit gegen den Nationalsozialismus wandte. Nach mehrmaligen Verhaftungen durch die Gestapo wurde er im November 1939 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Nach fast einjähriger Haft im KZ war Rupert Mayer dem Tode nahe. Man entließ ihn, denn man wollte ihn, den Großstadtapostel Münchens, nicht als Märtyrer sterben sehen. Um jeglichen Aufruhr in München zu vermeiden, verbannte die NS-Partei den Unbeugsamen im August 1940 in das Kloster Ettal, wo ihm ein striktes Redeverbot auferlegt und jeglicher Kontakt nach außen untersagt war. Nach dem Zusammenbruch 1945 nimmt Pater Rupert Mayer sofort wieder seine Tätigkeit als Großstadtseelsorger im weithin zerbombten München auf. Nach rastloser Arbeit erleidet er am Allerheiligentag 1945 während seiner Predigt einen Schlaganfall. „Der Herr…der Herr…der Herr…“ so stammelt er und bringt den Satz nicht mehr zu Ende. Im Stehen überkommt ihn der Tod. „Pater Rupert Mayer ist nie in seinem Leben umgefallen - auch im Sterben nicht.“, so heißt es bald in München. Im Jahre 1950 wurde der Seligsprechungsprozess eingeleitet. Am 3. Mai 1987 erfolgte die Seligsprechung im Olympiastadion durch Papst Johannes Paul II. „Seine Zivilcourage und sein soziales Engagement aus christlicher Motivation können beispielhaft sein für Menschen unserer Zeit.“ sprach der Papst und würdigte das Leben von Rupert Mayer, der vom 10.Juni 1899 - 5. August 1900 in unserer Stadt als Vikar gewirkt hatte. Etwa 300 Leute aus Spaichingen hatten sich auf den Weg gemacht, um an der Seligsprechung ihres Vikars teilzunehmen.

Man schrieb den 10. Juni 1899 als Rupert Mayer den Boden unserer Stadt betrat. Um ja hier mit der Bahn pünktlich anzukommen, musste er unterwegs umsteigen und nachts einige Stunden auf den Anschlusszug warten. Im Pfarrhaus, damals noch an dem Ort, wo heute die Deutsche Bank und die Notariate in einem modernen Bau untergebracht sind, empfing ihn Stadtpfarrer Michael Munz. Munz galt im Ordinariat als vorzüglicher Ausbilder der Vikare, so dass man ihm oft nicht nur einen, sondern zwei Vikare anvertraute, obwohl die Stadt damals nur etwas mehr als 3000 Einwohner zählte. So kam es, dass Rupert Mayer im Spaichinger Pfarrhaus einen weiteren Vikar antraf, nämlich Vikar Seibold, ein Neffe des Bischofs Paul Wilhelm Keppler, und, was Rupert Mayer besonders freute, ein gebürtiger Stuttgarter wie er selber. Beide Vikare waren wie zueinander. Rupert Mayer erinnerte sich später oft an „das gute Miteinander“ im Spaichinger Pfarrhaus. Doch da gab es ein Raumproblem. Für zwei Vikare konnte das Pfarrhaus keine Schlafräume aufweisen, einer musste außerhalb des Pfarrhauses nächtigen. Artur Bühler weiß von seiner Familie heute noch zu erzählen, dass Vikar Rupert Mayer in ihrem Hause in der Angerstraße seine Schlafkammer hatte, ja er kann das Fenster noch zeigen, hinter dem Rupert Mayer schlief. Der Frieden und die Eintracht im Pfarrhaus drohten einmal bös ins Wanken zu geraten. Das Hausmädchen Maria hatte die herrliche Lampe, die Rupert Mayer von seinen Eltern geschenkt bekommen hatte, beim Putzen zerbrochen. Sie war auf ein böses Donnerwetter gefasst, doch als sie dem Vikar ihr Missgeschick mitteilte, lächelte dieser nur und sprach zu der Verängstigten: „O, Maria! Glück und Glas, wie bald bricht das!“ Maria starb nach dreißig Jahren. Als Pater Rupert Mayer davon hörte, sprach er noch einmal: „O Maria! Glück und Glas, wie bald bricht das!“

In seinem Vorsetzten, Stadtpfarrer und Dekan, Monsignore Munz, fand Vikar Rupert Mayer einen väterlichen Förderer und Freund. Als Rupert Mayer nach nur vierzehn Monaten Spaichingen verließ, blieben beide sich freundschaftlich verbunden. Im Jahre 1926 feierte der Pensionär Michael Munz in Ellwangen sein Diamantenes Priesterjubiläum. Eine große Abordnung aus Spaichingen nahm an dem Festakt teil. Unter den Festgästen war auch Pater Rupert Mayer, der sich über das Wiedersehen mit Leuten aus seiner früheren Gemeinde aufrichtig freute. Wie sehr Rupert Mayer seinem Vorgesetzten Michael Munz verbunden war, zeigte sich, als Michael Munz 1931 in Lautern, seiner Heimatgemeinde, zu Grabe getragen wurde. Pater Rupert Mayer hielt am offenen Grab die Trauerrede und sprach: „Es gibt Menschen, die eigentlich nicht sterben sollten. Können sie auch nicht mehr arbeiten, wenn sie nur noch da sind! Ein solch seltener Mensch war Oberkirchenrat Munz, besonders für seine Vikare. Er war einer von den wenigen, die es gut mit einem meinen. Er machte nicht viele Worte, wirkte aber umso mehr durch sein Beispiel. Seine Selbstlosigkeit war ohne Grenzen. Wenn seine Vikare beliebt waren, wenn sie gut wirkten, so war es ihm selbst die größte Freude.“ (Anton Koeberling, Pater Rupert Mayer, S. 36)

Wenn Vikar Rupert Mayer aus dem Hause Bühler zum Pfarrhaus ging, sah er die im Bau befindliche neue Stadtpfarrkirche vor sich. Im Herbst des Jahres 1899 wurden das Längsschiff und der Turm der Kirche hochgemauert. Erst im Oktober 1900, zwei Monate nach dem Weggang von Rupert Mayer, war die Kirche vollendet. Sie wurde am 22. Oktober 1900 von Bischof Paul Wilhelm Keppler feierlich eingeweiht. Es war die neue Kirche St. Josef in Hofen, in der Vikar Rupert Mayer die Gemeindegottesdienste hielt. Diese Kirche hatte am 19. Oktober 1897 Bischof Wilhelm Reiser, gebürtig aus Egesheim, eingeweiht. Er war in den Jahren 1859-1811 Vikar in Spaichingen gewesen. Der neue Vikar hatte sechs Ministranten um sich geschart, denen er von Herzen zugetan war. Einer von ihnen war Josef Hagen. Im April 1978 erzählte er Alfred Hafner: „Rupert Mayer war ein sehr frommer Priester und hat für arme und kranke Leute viel getan.“ Von den sechs Ministranten waren zwei von Hofen und vier von Spaichingen. Sie mussten die Messtexte lateinisch lernen. Josef Hagen erinnerte sich, wie Rupert Mayers Mutter auf Veranlassung ihres Sohnes für jeden dieser Ministranten eine Pelzkappe, Handschuhe und Gebäck besorgte, damit der Vikar seine Ministranten mit einem „Christkindle“ beschenken konnte. Wie gewissenhaft Rupert Mayer seinen seelsorgerlichen Pflichten nachkam, mag diese Anekdote verdeutlichen: Josef Hagen wurde nachts um 12 Uhr von seiner Mutter aus dem Bett geholt: „Bue, der Vikar ischt do. Du muscht mit ihm zume Versehgang!“, sprach die Mutter und Josef folgte ihr. Es ging in die Hirschgasse,wo in einem Haus ein Mädchen todkrank zu Bett lag. „Den nächsten Weg müssen wir gehen! pressiert!“, so der Vikar und sein Messdiener schlug ortskundig den nächsten Weg ein, ging schnurstracks über den Bahnübergang, die Brücke gab es noch nicht, doch da verlor der Vikar auf dem Bahnübergang eine Galosche, einen Überschuh. Josef griff nach dem Schuh, konnte ihn aber im Schnee nicht finden. „Bue, lass ihn liegen! Es pressiert!“ befahl der Vikar und beide kamen in das Haus der Todkranken. Als diese die Kommunion empfangen hatte, begaben sich der Vikar und sein Ministrant auf den Heimweg. Auf dem Bahnübergang suchten beide im Schnee nach der Galosche und sie wurden fündig. Als der Vikar wieder beide Überschuhe anhatte, ging es zurück zur Hofener Kirche. Mitternacht war längst vorüber. Ein anderer Ministrant von Pater Rupert Mayer, Dr. Reinhard Winker, der in der Weimarer Zeit Bürgermeister in Spaichingen gewesen war, gab zu Protokoll: „Ich war seiner Zeit Ministrant in der Pfarrkirche und hatte den Vikar Rupert Mayer öfters auch bei Versehgängen zu Kranken zu begleiten. Bei der Kälte im Winter verschaffte er mir von seiner Frau Mutter eine auch die Ohren besser schützende Mütze.“ Als Vikar Ruppert Mayer Spaichingen verließ, so erzählt August Hagen, der spätere Professor und Generalvikar, der auch Messdiener gewesen war, habe jeder Ministrant eine schöne Pelzmütze geschenkt bekommen.

Der Wohltätigkeit des Vikars Rupert Mayer durften sich nicht nur seine Ministranten erfreuen, sondern auch andere Spaichinger. Es gab damals noch viele Leute in der Stadt, die in ärmlichen Verhältnissen lebten. Bei zahlreichen Hausbesuchen in der Stadt sah Rupert Mayer die Not seiner Mitmenschen. Einmal kam er in das Haus Nr. 206 in der Hauptstraße. Als er die Stube im Obergeschoß betrat, merkte er, wie morsch der Boden war, ja dass die Bewohner befürchten mussten, mit all ihren Habseligkeiten durchzubrechen und verletzt im Untergeschoß zu landen. Rupert Mayer setzte sich mit seinen Eltern in Stuttgart in Verbindung. Dank ihrer Unterstützung konnte er für die Bewohner im Haus 206 einen neuen Stubenboden in Auftrag geben. Alwine Sailer, die von 1946 - 1949 in dieser Wohnung lebte, erinnerte sich 1987 noch gut „ an die sehr breiten Bretter“ dieses Bodens. Das Haus wurde 1975 abgebrochen. In einem anderen Haus der Stadt galt es eine neue Treppe einzubauen. Auch hier war Rupert Mayer zur Stelle und half. Im Winter schützte man sich damals mit „Vorfenster“ vor großer Kälte. Nicht alle Leute konnten sich einen solchen Luxus leisten. Rupert Mayer half da, wo die Kälte den Leuten besonders zusetzte. In einer Familie zerbrach ein Kind die Suppenschüssel. Die Leute konnten sich keine neue leisten. Nach seinem nächsten Urlaub in Stuttgart brachte Rupert Mayer ihnen eine neue Suppenschüssel. Einmal hatte der Vikar einer Kranken eine gute Flasche Wein besorgt. Der gesunde und robuste Gatte aber trank die Flasche gänzlich leer. Ein wenig schmerzlich lächelte der Spender darüber, als er davon erfuhr, ließ aber in seiner Hilfsbereitschaft nicht nach, im Gegenteil. Dem Mesner half er beim Heuen, auch wenn ihm der Umgang mit Kühen am Heuwagen nicht leicht fiel.

Rupert Mayer war als Vikar kraft Amtes auch der Präses des Gesellen- und Lehrlingsvereins. Manche Spaichinger meinten, als sie den neuen Vikar zum ersten Mal zu Gesicht bekamen: „Wie wird das kleine, magere Stuttgarter Herrle mit dene wilde Kerle des Vereins fertig werden?“ Doch der Neue schaffte es. Er spielte Violine und die „ wilden Kerle“ waren angetan von seinem Spiel und die Vereinsarbeit des Vikars war nicht vergebens. Und überhaupt: Rupert Mayer und seine Violine! In der Angerstraße 4 wohnte Lehrer Schmid, der ebenfalls Violine spielte. Dessen kleiner Sohn Hermann holte den Vikar oft im Pfarrhaus ab und trug dann voller Stolz den Geigenkasten in die Angerstraße. In der Lehrerwohnung wurde fleißig geübt und gemeinsam musiziert. Einmal gestand Rupert Mayer dem Lehrerehepaar Schmid: „ In der zweiten Wochenhälfte habe ich immer Lampenfieber wegen der Predigt. Am Sonntagmorgen zittere und fröstle ich aus Angst, bei der Predigt stecken zu bleiben.“ Doch war es immer wieder die Violine, die ihn aufmunterte. Ehe er seine Predigten vorbereitete, spielte er sie mit Hingabe und, so erzählte er dem Lehrerehepaar, kämen ihm dabei die besten Gedanken. Das Arbeitszimmer des Vikars grenzte im Pfarrhaus an das vom Oberamtsgefängnis. Die Gefangenen hörten den Vikar Violine spielen und freuten sich stets über diese schöne Unterhaltung.

Rupert Mayer nennt viele Jahre später seine vierzehn Monate in Spaichingen „die sorgloseste Zeit seines Lebens“. Doch er hielt den Augenblick nicht an, auch wenn er noch so schön und wohltuend war. Nach langem Ringen reifte in ihm der Entschluss, in den Jesuitenorden einzutreten. „Jetzt heißt es, die Gesinnung in die Tat umsetzten. Was ich bin, das will ich recht sein.“, so schrieb er nach seinem Ordenseintritt („Kirche aktuell“, Nr. 19,39.Jg.) Zuvor musste er von seinem Bischof freigestellt werden. „Was fällt Ihnen ein! Das gibt es nicht. Sie müssen bei uns bleiben.“ entgegnete ihm der Bischof beim ersten Gespräch. Man schrieb den 9. Mai 1900, als Bischof Keppler in Spaichingen die Firmung spendete und sich ein zweites Gespräch ergab. „Ja, wollen Sie immer noch gehen?“ meinte Bischof Keppler und sein Vikar antwortete: „Ja, ich will noch!“ Da gab der Bischof nach: „Also gehen Sie dann und machen sie uns die Ehre.“( Anton Koeberling, Pater Rupert Mayer, S-39 f.) Kaum war diese Hürde genommen, stellte sich Rupert Mayer eine zweite in den Weg. Der Jesuitenorden war durch das Jesuitengesetz von 1872 in Deutschland verboten. Erst 1917 wurde es aufgehoben. Rupert Mayer musste deshalb ins Ausland, um dem Orden beizutreten. Es dauerte lange Wochen, bis der Orden seine Einwilligung gab und ihn nach Feldkirch schickte. Hier begann er am 1. Oktober 1900 das Noviziat. In den Niederlanden setzte er seine Ausbildung fort.

Am 5. August 1900 verließ Rupert Mayer Spaichingen. Schreiner Braun aus Spaichingen hatte dem scheidenden Vikar die Umzugskisten geliefert. Als sich der Zug in Bewegung setzte, rannten Buben neben dem Zugwaggon her und winkten ihrem Vikar nach. „Ich habe den Spaichingern manch gute Anregung zu verdanken“, bekannte Pater Rupert später einmal und es ist „wie mit der ersten Liebe, die man nicht vergisst. Ich habe das Gefühl, wenn ich heute wieder als Vikar nach Spaichingen berufen würde, so wäre ich von der ersten Stunde ab dort wieder ganz zu Hause.“ Der Kirche St. Josef in Hofen, die ja seine Kirche war, stiftete er zum Abschiedeinen Kelch. „Ad ecclesiamSancti Joseph Hofen in memoriamsacerdotalisoperaeRuperti Mayer ab avunculo Alberto et Bertha Schäfer Monaci XV Apr.MCM- “Für die Kirche St. Josef Hofen zum Gedächtnis an den priesterlichen Dienst des Rupert Mayer+ von Onkel Albert und Bertha Schäfer+ München, 15. April 1900“, so lautet die Inschrift auf dem Abschiedsgeschenk. Für die Gemeinde ist dieser Kelch ein kostbares Erinnerungsstück an ihren seligen Rupert Mayer für alle Zeit.

Pater Rupert Mayer vergaß Spaichingen auch nach dem 5. August 1900 nicht. Im Jahre 1926 nahm er am Fünfzigerfest teil. Seine Jahrgänger vom Jahrgang 1876 hatten ihn eingeladen. Sie baten ihn, die Festpredigt zu halten. Der Festgottesdienst fand wie schon die Jahre zuvor in der Kirche auf dem Dreifaltigkeitsberg statt. In dieser Kirche hatte Vikar Rupert Mayer 27 Jahre zuvor Dienst getan. Spaichinger sahen ihn damals, in einen langen Mantel gehüllt, alle zwei Wochen mit Riesenschritten den Berg hinaufeilen und noch schneller wieder herunterkommen, um sogleich „im Tal“ wieder tätig zu werden. Die Jahrgänger wussten nicht, wie die Festgäste alle in der Kirche Platz finden sollten. Mehr als 12oo Leute waren auf den Berg gekommen. „Du musst Deine Festpredigt im Freien halten“, sagten die Organisatoren des Fünfzigerfestes ihrem Jubilar. Pater Rupert Mayer war auf dem Dreifaltigkeitsberg so von der Natur und all der Schönheit überwältigt, dass er kaum mehr predigen konnte. „Haben wir das Recht, heute in solches Fest zu feiern?“ so fragte Pater Mayer seine Zuhörer und gab sogleich die Antwort: „Wir schulden es unserer Heimat, ein solches Fest zu feiern.“ Danach sprach er besorgt von einem neuen Zeitgeist, der die Jugend im Beschlag nehme und von den Werten der Vorfahren löse. Der Nationalsozialismus hatte in Deutschland längst von sich reden gemacht. „Nach dem Gottesdienst ging Pater Rupert Mayer auf den Friedhof zu einem langen Gedenken für all die seiner ehemaligen Schutzbefohlenen, die schon in den Frieden Gottes eingegangen waren“ schreibt Anton Koeberling in seiner Lebensbeschreibung. (S.41)

Im Jahre 1912 war Pater Rupert Mayer die Seelsorge für die Zuwanderer in München übertragen worden. Als der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, meldete er sich freiwillig als Feldgeistlicher der 18. Bayerischen Reservedivision. Man gab ihm ein Reitpferd, auf dem er zum Erstaunen der Soldaten und Offiziere sitzend predigte. Der Feldgeistliche Rupert Mayer verzichtete auf Heimaturlaub. „Meine Heimat sind meine Kameraden“, sagte er seinen Oberen. Im Jahre 1916 wollte er im Sultatal in Rumänien den Kameraden Weihnachtsgeschenke bringen, und zwar so viele, dass auch sein Bursche mitgehen und tragen musste. Dabei wurde Rupert Mayer von Granatsplittern getroffen. Sein Bein musste in einem Lazarett in München amputiert werden. Pater Rupert erhielt eine Beinprothese. Rupert Mayer wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

Nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 trat Pater Rupert Mayer entschieden für die Rechte der Kirche und die Religionsfreiheit ein. Er prangerte das Regime in seinen Predigten offen an, so dass im April 1937 ein Redeverbot über ihn verhängt wurde. Als er dies nicht befolgte, wurde er am 5. Juni 1937 verhaftet und danach von einem Sondergericht wegen„Kanzelmissbrauch“ verurteilt. Kardinal Faulhaber und weite Teile der Münchener Bevölkerung protestierten, so dass er freigelassen wurde. Da er weiterhin regimefeindlich predigte, wurde er am 5. Januar 1938 erneut verhaftet und in das Gefängnis in Landsberg/Lech gebracht. Am 3. Mai wurde Pater Rupert Mayer amnestiert. Er hielt sich nun an das Predigtverbot, weigerte sich aber, Auskunft über seine Seelsorgegespräche zu geben. So wurde er am 3. November 1939 zum dritten Mal verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.

Am 6. September 1968 hat der Vorstand des Katholischen Schulwerks in Spaichingen den Entschluss gefasst, der neuen Schule den Namen „Rupert-Mayer-Schule“ zu geben. Es waren vor allem Heinrich Lechler und Theresia Zepf aus Dürbheim, die sich für Rupert Mayer als Namenspatron eingesetzt hatten. Am 21. Februar 1970 wurde durch Bischof Dr. Carl Joseph Leiprecht die „Rupert-Mayer-Schule“ eingeweiht. „Es ist für Spaichingen beglückend, dass mit der Einweihung auch der Name des Mannes verewigt wird, der 1899/1900 hier als Vikar gewirkt hat.“, sprach Dekan Wieland in seinem Grußwort. In der Stadtpfarrkirche weihte nach der Seligsprechung von Pater Rupert am 3. Mai 1987 Weihbischof Franz-Josef Kuhnle eine Büste des seligen Pater Rupert Mayer ein. In jeder Messfeier gedenkt die Gemeinde ihres seligen Paters Rupert Mayer. Der Vikar ist auch heute mitten unter uns.

Fritz Mattes, Januar 2012  

Quellen: Alfred Hafner: Schriftliche Aufzeichnungen von Interviews mit Zeitzeugen
Anton Koeberling: Pater Rupert Mayer - Ein Priester und Bekenner unserer Zeit
Helmut Lenz: Seliger Pater Rupert Mayer (1876 - 1945) im Internet
„Heuberger Bote“ 20. Oktober 1990
 

 

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